Auf Wachstumskurs

Sie stehen da, blicken zuversichtlich in die riesige Halle und sind im Augenblick doch nur leere Hüllen: In Reih und Glied versammeln sich Roboter, die von den Fachleuten bei Albrecht, in eine hochmoderne Fahrzeugproduktion in die Fertigungsstraße integriert und zum „Leben erweckt“ werden. Im Auftrag eines europäischen Fahrzeugherstellers werden sie für ihre späteren Aufgaben mit modernster Technik ausgestattet.

Noch wirken diese Gesellen, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Tatsächlich werden sie in Kürze schwierige Prozesse ausführen. Im Augenblick stehen sie am Rande einer riesigen Fertigungsstraße, die für einen Leuchtmittelhersteller entwickelt wird. Wie die Abordnung der Immenstädter Wählergemeinschaft „die Aktiven“ an diesem Abend von den Geschäftsführern Josef und Martin Albrecht, sowie von Betriebsleiter Martin Baiz erfahren werden, wäre der Bau dieser Anlage und vieles von dem, was sie im neuen, zweiten Firmengelände in der Seifener Konrad-Zuse-Straße zu sehen bekommen, im Stammsitz im Engelfeld nicht mehr möglich gewesen.

Ohnehin ist man bei Albrecht „traditionell“ auf Wachstumskurs: Das 1979 auf dem Platz des heutigen Heimatmuseums gegründete Unternehmen wuchs so stark, dass man 1984 im Engelfeld – genauer: auf dem ehemaligen V-Markt-Parkplatz – baute. 1991 bezogen man das heutige Gebäude im Engelfeld und erweiterte es sukzessive. Das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange war irgendwann erreicht, der Komplex im Engelfeld auf das Maximalste ausgenutzt: „Weil wir auf die Bedürfnisse unserer Industriekunden auch zukünftig eingehen wollten, hatten wir einfach keine Wahl. Wir mussten in einen zweiten, modernen Standort investieren“, so Martin Albrecht. Die namhaften Unternehmen, die zum überwiegenden Teil Komponenten für den Automobilbau fertigen, erwarten heute komplexe Produktlinien – „und die bekommen sie bei uns aus einer Hand“, wie Betriebsleiter Baiz erklärt.

Alles aus einer Hand

Auf 11.500 Quadratmetern, die sich auf eine Grundfläche von 6.700 Quadratmetern verteilen, hat sich Albrecht für die Zukunft positioniert. Das gesamte Grundstück in der Konrad-Zuse-Straße ist 28.000 Quadratmeter groß, mit dieser Fläche hat die Firma Albrecht tatsächlich auch die Zukunft fest im Visier. Und was ist mit der erfolgreichen Vergangenheit? Im Engelfeld wird natürlich– auf einer Fläche von 9.000 Quadratmetern – weiterproduziert, aber das Unternehmen wächst nun mal einfach mit den Anforderungen. Arbeiten im Jahr 2015 noch 250 Menschen bei Albrecht, sind es mittlerweile über 300 Fachkräfte. Gefertigt wird ausschließlich in Immenstadt – und zwar vom „einfachen“ Schaltschrank, der natürlich eigentlich nicht einfach ist, über Palettiersysteme oder Prüftechnik bis zu kompletten Fertigungsstraßen. Bei Albrecht entwickelt und baut man alles selber. Der Kunde bekommt alles aus einer Hand, den Support vor Ort inklusive. Das bedeutet, dass man bei Albrecht schneller und flexibler auf die Wünsche der Kunden auch in puncto Zeitrahmen und zukünftige Erweiterungen eingehen kann. Der Erfolg gibt den Albrechts Recht, aber unternehmerischer Mut gehört bei diesem mittelständischen Unternehmen auch dazu. Denn was Albrecht baut, wird vom Kunden erst bezahlt, wenn die Anlage vor Ort läuft, also die Produktion beginnt. Und das bedeutet zum Beispiel, dass die hochqualifizierten Ingenieure überall auf der Welt dafür sorgen müssen, dass die komplexen Systeme funktionieren und die Mitarbeiter des Kunden damit auch umgehen können. „Wir vertrauen auf unser Know-how und unsere Qualität“, sagt Martin Albrecht und meint damit auch die seiner Mitarbeiter.

Durchdachter Neubau

Konrad-Zuse-Straße, der Name des neuen Firmensitzes passt. Denn Zuse war der Urvater des Computers. Ohne seinen 1941 entwickelten und voll funktionsfähigen, programmgesteuerten Z3 sähe die moderne Welt vermutlich anders aus. Zuse war innovativ und immer neugierig – so, wie Josef Albrecht und sein Sohn Martin. Man hätte leicht mit dem Erreichten zufrieden sein können. „Den Anschluss an die Konkurrenz hätten wir aber dabei irgendwann verloren“, so Josef Albrecht. Deshalb war der Neubau nötig und deshalb hat man gleich auch an eine mögliche Erweiterung gedacht. In Seifen stimmt nicht nur die Raumaufteilung, man kümmerte sich um jedes Detail und blieb dabei verblüffend effizient. Der Entwurf der Architekten Armin Schmid und Manfred Engstler wurde soweit es irgendwie möglich war mit Hilfe Allgäuer Unternehmen zum Multifunktionskomplex für einen modernen Hochleistungsbetrieb ausgebaut. Den Strom, den man braucht, bekommt man über die eigene Photovoltaikanlage. „Viel Energie müssen wir eigentlich nur während der Testphasen der Anlagen aufwenden“, so Martin Baiz. Denn natürlich ist auch genug Platz da, um jedes System vor der Montage beim Kunden auf Herz und Nieren zu prüfen.

Für das komplexe Leben lernen

Das wichtigste Pfund bei der Weiterentwicklung der Albrecht GmbH ist das Personal. Deshalb sind auch die Arbeitsplätze in Seifen so gestaltet, dass man sich wohlfühlt und zu kreativen Lösungen kommt. Denn wenn ein benötigtes Teil nicht fristgerecht von einem Anbieter geliefert werden kann, wird eine eigene Lösung entworfen und auch gefertigt. Die Systeme, die Albrecht baut, entsprechen den spezifischen Kundenwünschen und sind hochkomplex. Wer innovative Ideen haben und umsetzen muss, der braucht einfach den passenden Rahmen zur Entfaltung. Natürlich ist auch ein fundiertes Know-how wichtig. Bei Albrecht werden junge Menschen in vielen Bereichen trainiert und ausgebildet. Eineinhalb Stellen wurden geschaffen, die sich nur mit der Förderung der Azubis beschäftigen. Ein Problem sieht Martin Albrecht bei der Suche nach geeignetem Nachwuchs: „Speziell aus den Mittelschulen kommt zu wenig. Das handwerkliche Geschick kann man trainieren, aber es fehlt oft an den Grundlagen, zum Beispiel in puncto Mathematik“, so Albrecht Junior. Für seinen Vater liegen die Gründe dafür auf der Hand: „Die Anforderungen an die modernen Berufsbilder werden immer komplexer, die Schulen tragen dem nicht Rechnung“. Deshalb kommt die Mehrzahl der Auszubildenden im Hause Albrecht von der Realschule, denn „die Gymnasiasten wollen ohnehin fast alle zur Uni“, ergänzt Martin Albrecht. Wer allerdings bei Albrecht einsteigt und lernen will, dem stehen alle Türen offen. Denn er wird zu einer Kapazität ausgebildet. Ganz nebenbei wird dieser Mensch auch noch Teil einer spannenden Entwicklung. Die leeren Roboterkörper in der großen Fertigungshalle erzählen genau davon.

Von links: Sigi Wegmann, StR Herbert Waibel (1. Vorsitzender die Aktiven-Wählergemeinschaft),  StR Michael Würfel, StR Rudi Seber (Fraktionsvorsitzender), StR Ralf Kunstmann, Josef Albrecht (Geschäftsführer), Martin Albrecht (Geschäftsführer), Martin Baiz (Betriebsleiter)

Text und Foto: Manfred Prescher