Bericht/Kommentar von Herbert Waibel
CSU/FW/JA-Mehrheit erzwingt Sanierung des Hofgartens und verhindert, die Ideen des Investors Peter Seitz, in einer „Großen Lösung“ das Schloss zu einem „Kulturzentrum“ (700 – 1.000 mögliche Sitzplätze) auszubauen, näher zu prüfen.
Mit dieser Stadtratsentscheidung werden Millionenbeträge für die Zukunft gebunden und ein für die Stadt höchst defizitärer Betrieb (jährliches Betriebskostendefizit 300.000 € // 400.000 € bei betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise, die die nötigen Investitionskosten einberechnet) auf Jahre hin festzementiert. Zurzeit „verursacht“ durchschnittlich jede Veranstaltung im Hofgarten 1.560 € Defizit (3.000 €, wenn die Investitionskosten eingerechnet werden) und wird entsprechend von der Stadt bezuschusst.
Akribisch wurden in Vorträgen von Stadtbaumeisterin Julia Jedelhauser, Stadtkämmerer Siegfried Zengerle und einem Vertreter der Firma Alpstein, die sich seit mehreren Jahren mit der Sanierung des Hofgartens beschäftigt, aufgeführt, welche Kostenlawine auf die Stadt zurollen wird, wenn die Hofgarten-Stadthalle saniert werden und weiterhin wie bisher betrieben werden sollte. Die “normalen” Betriebsdefizitkosten” sind hier nicht einberechnet und müssten zuaddiert werden.
„Minimallösung“: 2,37 Mio. € Investitionskosten (=Erstinvestitionskosten in einem Zeitraum von “x” Jahren)
(Saal A+B, Teil- 7,5 Mio. € bei einer Lebensdauer von 40 Jahren
Außensanierung)
Funktionelle 3,3 Mio. € Investitionskosten
Komplettgebäude- 8,46 Mio. € bei einer Lebensdauer von 40 Jahren
sanierung
Maximallösung 5,4 Mio. € Investitionskosten
(+ Umgestaltung) 10 Mio € bei einer Lebensdauer von 40 Jahren.
Diese Fakten wurden von etlichen CSU/FW/JU-Stadträten angezweifelt und argumentiert, die Verwaltung würde den Hofgarten „schlechtreden“.
Spontanen Applaus der zahlreichen Zuhörer erhielt Investor Peter Seitz nach der Vorstellung seines „Großen Schlosskonzeptes“, das den Hofgarten ersetzen könnte. Dieses Verhalten wurde von CSU-Fraktionsvorsitzenden Botzenhardt in einem Hinweis auf die Geschäftsordnung des Stadtrats gerügt (Es sind formal keine Beifalls- bzw. Missfallenskundgebungen der Zuschauer gestattet.).
Das Konzept von Peter Seitz, das Schloss zu einem „Kulturzentrum“ umzubauen, hätte u.a. folgende Vorteile erzielt:
– – Multifunktionelle Nutzung (im Gegensatz Monostruktur des Hofgartens, die nur „nur“ relativ wenig Belegungstage zulässt) und dadurch finanzierbar.
– – Steigerung der Attraktivität für Innenstadt und Handel
– – Mit weniger Geld wird mehr Leistung erzielt
– – Kein Betriebskostenrisiko für die Stadt, d.h. „gedeckelte“ und vertraglich vereinbarte Kosten für die Stadt.
– – Alleinstellungsmerkmal im Oberallgäu (attraktives Schloss-Ambiente mit zeitgemäßer Nutzung)
Selbst die teuerste Variante des Schlossumbaus (über 1.000 Sitzplätze) wäre für die Stadt von den feststehenden Kosten her immer noch günstiger, als die sparsamste Lösung einer Hofgartensanierung:
– 142.000 €/ Jahr fester Zuschuss
2,5 Mio € Investitionskostenzuschuss
– => 267.000 € jährliche Gesamtkosten, betriebswirtschaftlich gerechnet. Ein zusätzliches Betriebskostendefizit für die Stadt entfällt bei dieser Lösung. Laut Herrn Seitz kann die Stadt dabei den Saal für alle ihre Veranstaltungen (einschließlich der Schulen) kostenfrei nutzen.
(Da Mietverträge laut Herrn Seitz nicht über 30 Jahre abgeschlossen werden dürfen, ist hier eine 20-jährige Betrachtungsweise zugrunde gelegt.)
Dieser Fixbetrag könnte noch niedriger ausfallen, da noch Aussichten auf Städtebaufördermittel bestehen.
Auf alle kritischen Fragen ging Peter Seitz ausführlich und kompetent ein. Auch die Kollegen der CSU bestätigten dem Investor, was er für eine „hervorragende Arbeit“ geleistet habe – aber verweigerten ihm, und damit Immenstadt, dass seine Pläne vertieft betrachtet und berechnet werden können.
Finanzpolitisch ist dies eine (Fehl-) Entscheidung, die meines Erachtens das strukturelle Defizit, das die Stadt derzeit aufweist, noch vergrößert und zementiert. Der aktuelle Schuldenstand der Stadt beläuft sich inzwischen – nach Aussagen von Kämmerer Siegfried Zengerle – auf 26 Mio. €, die Haushaltsberatungen 2010 würden derzeit eine Neuverschuldung von 4,7 Mio. € bewirken. Es warten in den nächsten Jahren noch viele „Pflichtaufgaben“, deren Bewältigung nicht verschoben werden kann und die weitere zig Millionenbeträge erfordern werden – und dies bei der auf tiefstem Niveau verharrenden Gewerbesteuer und sinkenden Einkommenssteueranteilen (Auswirkungen der Einkommenssteuerreform des Bundes). Die für Kommunen finanziell verheerenden Auswirkungen des „Wachstumsbeschleunigungsgesetzes“ folgen noch und der Landkreis möchte zu guter Letzt mehr Abgaben der Kommunen, da u.a. die Jugendhilfekosten astronomische Höhen erreicht haben.
Die CSU/FW/JA veranstaltet im Moment meines Erachtens eine „finanzpolitische Geisterfahrt“ nach dem Motto „Freibier für alle – was schert uns, was morgen kommt!“ – dabei müssten wir unseren Bürgern vermitteln, dass
einerseits Sparanstrengungen gefordert sind, die uns allen „weh tun“ (keine weitere Investitionen ins Freibad in Millionenhöhe, Rückübertragung der weiterführenden Schulen/Schulzentrum an den Landkreis, damit ihre berechtigten Forderungen umgesetzt und finanziert werden können usw.), aber auch Investitionen in die Infrastruktur (Finanzierung neuer Gewerbegebiete, Förderung Tourismus, z.B. AlpSeeHaus, leistungsfähige IT-Ausstattung der Verwaltung) nötig ist und
andererseits dringend benötigtes privatwirtschaftliches Engagement unterstützt und nicht, wie jetzt geschehen, torpediert wird.
Und dies, so mein Eindruck, weil sich die “große Volkspartei” frühzeitig und ohne Not öffentlich durch Unterschriftenaktionen auf ein „Halten des Hofgartens um jeden Preis“ festgelegt hat und einen kurzsichtigen Abstimmungserfolg und Popularitätsgewinn? erzielen möchte. Oder will sie „nur“ dem ungeliebten (weil nicht ihrer Fraktion angehörend) Bürgermeister „eins auswischen“?
Den Interessen der Stadt hat sie m. E. mit dem heutigen Beschluss einen Bärendienst erwiesen. Es besteht die Gefahr, dass bei mehr solcher Abstimmungen die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt aufs Spiel gesetzt wird.
Herbert Waibel
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