Das Wort an sich ist ein solches Ungetüm, dass es schon von sich aus beängstigend monströs wirkt: Straßenausbaubeitragssatzung. Was genau hinter dem Begriff steht? Auf jeden Fall ein bürokratisches Ungetüm, das Bürger verängstigt und Gemeinden erschreckt. Mit der Straßenausbausatzung wollte die Staatsregierung dafür sorgen, dass sich die Bürger an den kommunalen Verkehrswegekosten beteiligen. Sprich: Die Anlieger – also Hausbesitzer, Ladeninhaber und Unternehmen – bezahlen gemeinsam die Sanierung oder den Ausbau „ihrer“ Straße. Schon nach Bekanntwerden der verplichtenden gesetzlichen Regelung zeigten sich der Immenstädter Stadtrat und Bürgermeister Schaupp skeptisch, was Umsetzung und Bürgergerechtigkeit angeht – und die ersten Berichte aus anderen bayrischen Gemeinden, von horrenden Forderungen an Hausbesitzer und von klagenden Bürgern verdeutlichten, dass Bürgermeister und Räte mit ihrer Ansicht nicht daneben lagen. Kommunen mit einer eigenen Satzung gerieten in Konflikt mit Bürgern, die sich weigerten, die oft hohe Zeche zu zahlen. Spektakuläre Beispiele etwa aus unserer Nachbarstadt Sonthofen oder aus Kempten haben nicht nur den Bürgermeister hellhörig werden lassen.
Dass die Bürger sich gegen hohe Forderungen zur Wehr setzen würden, war unserem Bürgermeister klar, als er sich umfassend mit der Straßenausbausatzung beschäftigte. Er stellte sich aber auch die Frage, was bei der Umsetzung der Verordnung auf die Stadt Immenstadt zukommen würde. Lohnte sich der Aufwand überhaupt? Und wie steht der zu erwartende Einnahmeertrag im Verhältnis zu den Kosten, die die Gemeinde zu schultern hat? Seine Berechnungen startete Armin Schaupp mit einem Blick auf die städtischen Straßen, die in den nächsten Jahren saniert oder umgebaut werden. Es sind insgesamt drei Maßnahmen, die von der Straßenausbausatzung zum Teil massiv betroffen wären – etwa die zu renovierende und neu zu gestaltende Bahnhofstraße. Unser Bürgermeister legte für seine Berechnungen die zu erwartenden Kosten der Baumaßnahmen zu Grunde. Bei der Kalkulation der Einnahmen ging er von der Zahl der Anwohner und der Größe ihres Grundstücksanteils an der Straße aus. Dazu kam dann ein Kostenanteil für juristische Auseinandersetzungen mit den betroffenen Bürgern. Diesen leitete Armin Schaupp aus den Erfahrungen anderer Kommunen ab. Und natürlich würde die Umsetzung der Straßenausbausetzung auch einen Mehrbedarf an Personal – und damit weitere Kosten – mit sich führen. Denn die Bescheide müssen errechnet und erstellt werden, es muss gemahnt und nachgebessert werden. Für unseren Bürgermeister ergab sich ein Aufwand, der in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen würde – was sein Rechenexempel schließlich zweifelsfrei ergab. Nach fünf Jahren stand unter dem Strich ein leichter Einnahmeüberschuss von nur wenigen Euro. Der zu erwartende Ertrag sei, so Armin Schaupp bei weitem nicht hoch genug, um sich mit den betroffenen Bürgern anzulegen und das Lebens- und Arbeitsklima in den betroffenen Straßen deutlich zu verschlechtern.
Unser Bürgermeister ging den vorgeschriebenen Amtsweg und schickte seine Berechnung an den Oberallgäuer Landrat Anton Klotz zur Prüfung. Währenddessen klagten schon einige bayrische Kommunen gegen die Straßenausbausatzung und es formierten sich Gegner, die ein Volksbegehren planten. Die umfassende Beschäftigung mit der Satzung, die Bedenken innerhalb des Stadtrats und das folgerichtige Zögern bei der Umsetzung durch die Stadt Immenstadt erweisen sich nun als absolut sinnvoll. Noch gilt nämlich die in der Satzung festgeschriebene Rechtslage. Muss eine Straße ausgebessert oder erneuert werden, sollen die Anwohner bezahlen. Und nun wird die Straßenausbausatzung tatsächlich abgeschafft. Nicht nur für Bürgermeister Armin Schaupp oder den Landrat Anton Klotz, sondern auch für die Stadträte der Aktiven steht fest, dass das Ende der Regelung unweigerlich wieder zu Ungerechtigkeiten kommen wird. Denn wer den Forderungen bereits nachgekommen ist, will mit Sicherheit sein wohlverdientes Geld wieder zurück haben. In dieser Hinsicht haben die Immenstädter Bürger jedoch nichts zu befürchten – auch, weil Bürgermeister und Stadtrat die Straßenausbausatzung von Anfang an und mit allen Mitteln verhindern wollten.
Noch keine Kommentare